HAVE 3/2012

Ratingagenturen – Haftung für stillschweigende Zusicherung

David Vasella, Seite 253

Dieser Aufsatz (auf der Basis der Dissertation des Autors zum gleichen Thema) untersucht die Haftung für Ratings nach schweizerischem Recht. Diese Haftung geht davon aus, dass ein Rating selbst keine Tatsachenbehauptung ist, dass aber jede Veröffentlichung eines Ratings notwendigerweise die stillschweigende Zusicherung enthält, das Rating sei auf professionelle Weise erarbeitet worden. Diese Zusicherung – die sich auf die Einhaltung des IOSCO-Kodex bezieht – ist ihrerseits eine Tatsachenbehauptung. Ihre Verletzung durch einen Verfahrensfehler kann nicht nur eine Haftung aus enttäuschtem Vertrauen, eine Prospektoder eine Vertragshaftung begründen, sondern auch eine solche aus Lauterkeitsrecht. Erforderlich ist aber u.a. der Nachweis, dass der Verfahrensfehler das Rating im Ergebnis verfälscht hat.

Weiterfresserschaden auch in der Schweiz?

Arnold F. Rusch, Seite 269

Lässt sich die Sachgewährleistung für die mangelhafte gelieferte Sache selbst auch als Deliktsanspruch einfordern? Im Spezialfall des Weiterfresserschadens ist dies nach Ansicht Ruschs auch in der Schweiz möglich. Zum Weiterfresserschaden kommt es, wenn ein funktional abgrenzbarer, mangelhafter Teil sich in den gesunden Teil der gelieferten Sache weiterfrisst und so das Eigentum des Erwerbers als absolut geschütztes Recht verletzt. Doch weshalb sollte man dies tun? Die Antwort liefert die deliktische Verjährungsfrist, die im Vergleich zu den vertraglichen Regeln Vorteile bietet.  

Die PEICL und das schweizerische Versicherungsvertragsrecht

Stephan Fuhrer, Seite 273

Die Principles of European Insurance Contract Law, kurz PEICL, sollen einerseits als optionales Recht den an einem Versicherungsvertrag beteiligten Parteien als Alternative zu den nationalen Rechten zur Verfügung gestellt werden können und andererseits den EU-Organen und den Mitgliedsstaaten als eine Art Werkzeugkasten (toolbox) dienen. Die Schweiz, die weder der EU noch dem EWR angehört, mit der EU aber durch rund 120 Abkommen1 verbunden ist, hat im Versicherungsbereich bisher die europäischen Richtlinien grösstenteils autonom übernommen. Vorliegender Beitrag geht der Frage nach, welche Bedeutung die PEICL für die Entwicklung des schweizerischen Versicherungsvertragsrechts haben. Der Autor stellt dabei fest, dass die PEICL zwar Eingang in die akademische, nicht aber in die politische Diskussion gefunden haben und die praktische Bedeutung deshalb gering ist.

Coordination intersystémique - La concordance en pratique

Corinne Monnard Séchaud, Seite 279

Zahlreiche Autoren haben die Kongruenz im Rahmen der Koordination der Sozialversicherungsleistungen mit weiteren Ersatzleistungen für Personenschäden, insbesondere derjenigen gestützt auf das Haftpflichtrecht (die sogenannte extrasystemische Koordination) behandelt. Der vorliegende Beitrag gilt demgegenüber Fallbeispielen der intersystemischen Koordination, also derjenigen zwischen den einzelnen Sozialversicherern. Mit Hilfe von Grafiken will die Autorin das Verständnis der Kongruenz erleichtern, die es bei der Bearbeitung eines Dossiers stets zu beachten gilt, insbesondere wenn ausstehende, verfallene Sozialversicherungsleistungen ausgerichtet werden. Diese Auszahlung nimmt vor allem die Abrechnung mit dem Haftpflichtversicherer voraus, riskiert aber, bei der definitiven Schadensberechnung nicht beachtet zu werden. Deshalb ist es wichtig, die Probleme der Kongruenz, die oft unbeachtet bleiben, hervorzuheben. So kann man verhindern, dass der Geschädigte gewisse Leistungen, auf die er Anspruch hat, verliert. 

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